Studien zu Geschichte und Politik der Michael-Gaismair-Gesellschaft Band 32, herausgegeben von Horst Schreiber
Gisela Hormayr zeichnet das Porträt eines klassenbewussten Arbeiters, der trotz der Fesseln seiner Herkunft nach Wissen strebte und kraft eigener Überlegungen Klarsicht gewann, um mitzuwirken an der Überwindung von Faschismus und Krieg, Not und Ausbeutung.
Am 4. Jänner 1945 starb Johann Schmidt, 44, unter dem Fallbeil im Hinrichtungsraum des Landesgerichts Graz – nach mehr als zweijähriger qualvoller Haft in Gefängnissen und dem Konzentrationslager Dachau, von den Richtern des nationalsozialistischen Volksgerichtshofs für schuldig befunden des „Hochverrats“ und der „Feindbegünstigung.“
Schmidt war gelernter Maurer, lebte mit Frau und Sohn in Schwoich bei Kufstein und war, wie viele Arbeiter seiner Generation, Autodidakt. Er hatte sich umfangreiches historisches und geografisches Wissen angeeignet, war belesen und: Er war Kommunist. Aus seiner politischen Überzeugung machte er keinen Hehl, sprach am Arbeitsplatz über die Lebensbedingungen der Arbeiterschaft in der Sowjetunion, für die es auch in Österreich zu kämpfen gelte. Denunziert von der Ehefrau eines Arbeitskollegen, wurde Schmidt im Sommer 1942 verhaftet. Aktivitäten in der Kufsteiner Widerstandsgruppe um Adele Stürzl waren nicht nachzuweisen, aber Briefe an seine Familie, beschlagnahmt bei einer Hausdurchsuchung, und die Aussagen von Arbeitskollegen belasteten ihn schwer. Sein „Kriegstagebuch“, Aufzeichnungen aus den Jahren 1939 bis 1942, blieben unentdeckt. Sie dokumentieren seinen unerschütterlichen Glauben an den Sieg der Sowjetunion, aber auch seine scharfsichtige Analyse der nationalsozialistischen Propaganda.
Dieses Tagebuch ist ein einzigartiges Dokument, entstanden in dem Wissen um das Risiko der Entdeckung und überliefert durch glücklichen Zufall.